Vorrang der Ruhensanordnung vor einer Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit
09.02.2024

Vorrang der Ruhensanordnung vor einer Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit

Vorrang der Ruhensanordnung vor einer Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit

Das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 19.07.2023 (Az. B 6 KA 5/22 R) entschieden, dass grundsätzlich vom Zulassungsausschuss das Ruhen vorrangig zu der Entziehung der Zulassung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit anzuordnen ist. Zu der im Zusammenhang mit der Ruhensanordnung zu stellenden Frage, ob mit der (Wieder)Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist zu rechnen ist, bedarf einer Prognoseentscheidung durch den Zulassungsausschuss.


Der Entscheidung des BSG lag der Fall zugrunde, dass einem MVZ mit zwei angestellten Laborärzten die Zulassung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit entzogen wurde. Das MVZ hatte zunächst die vertragsärztliche Tätigkeit ordnungsgemäß aufgenommen. Nach zweijähriger vertragsärztlicher Tätigkeit reduzierten sich die Fallzahlen erheblich , so dass lediglich nur noch vereinzelt Fälle und schließlich keine Fälle mehr abgerechnet wurden. Nachdem der Zulassungsausschuss davon Kenntnis erlangt hatte, dass die Laborräume des MVZ bereits seit einem halben Jahr leer standen, hörte er das MVZ zunächst wegen einer möglichen Zulassungsentziehung an. Daraufhin beantragte das MVZ die Verlegung des Vertragsarztsitzes und begründete die Nichtausübung damit, dass sich die Verhandlungen zur Mitnutzung der Laborräume am neuen Standort verzögert hätten. In der Folge entzog der Zulassungsausschuss dem MVZ die Zulassung. Der Widerspruch des MVZ gegen die Zulassungsentziehung blieb ohne Erfolg.


Das Bundessozialgericht sah die Zulassungsentziehung nicht als verhältnismäßig an. Als mildere Maßnahme hätte der beklagte Berufungsausschuss das Ruhen der Zulassung anordnen müssen. In die Abwägungsentscheidung hätten mit Blick auf eine Wiederaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit sowohl der zeitlich vor der Zulassungsentziehung gestellte Sitzverlegungsantrag sowie alle Umstände, die für oder gegen eine Wiederaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit am neuen Standort sprachen, einbezogen werden müssen.


Fazit:

Die Zulassungsentziehung wegen Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ist ultima ratio. In den Fällen, in denen absehbar ist, dass die vertragsärztliche Tätigkeit zumindest vorübergehend nicht mehr ausgeübt werden kann, sollte proaktiv ein Antrag auf Ruhen beim Zulassungsausschuss gestellt werden. In den Fällen, in denen es schon zur Anhörung wegen einer möglichen Zulassungsentziehung kommt, sollten alle Umstände für eine zeitnahe Wiederaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit vorgetragen werden, damit diese durch den Zulassungsausschuss in seine Prognoseentscheidung einbezogen werden können.

Kim Gappa

Rechtsanwältin