Persönliche Haftung von Assistenzärzt:innen bei Verstoß gegen die Remonstrationspflicht
25.07.2025

Persönliche Haftung von Assistenzärzt:innen bei Verstoß gegen die Remonstrationspflicht

Persönliche Haftung von Assistenzärzt:innen bei Verstoß gegen die Remonstrationspflicht

In einer aktuelleren Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (Urteil vom 27.01.2025; Az.: 5 U 69/24) wurde die persönliche Haftung von Assistenzärzt:innen bei Behandlungsfehlern ausgeweitet. Das Gericht konkretisierte dabei die sogenannte Remonstrationspflicht – also die Verpflichtung der nachgeordneten Ärzt:innen, Anordnungen ihrer direkten Vorgesetzten bei einer vertikalen Arbeitsteilung kritisch zu hinterfragen, wenn Bedenken bestehen.


Gerade in der hierarchisch geprägten Arbeitsweise von Krankenhäusern spielt die vertikale Arbeitsteilung eine große Rolle. Grundsätzlich dürfen nachgeordnete Assistenzärzt:innen auf die Anordnungen von vorgesetzten Fachärzt:innen vertrauen und sind dadurch auch haftungsrechtlich geschützt. Dieses Vertrauen endet jedoch, wenn objektive Zweifel hinzutreten, die ein solches Vertrauen nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. Werden dennoch pflichtwidrig Anweisungen befolgt, kann eine persönliche Haftung entstehen – wie der aktuelle Fall zeigt. Diese Grundsätze gelten entsprechend ebenfalls für das Verhältnis zwischen Chefärzt:innen und Oberärzt:innen.


Im zugrunde liegenden Fall klagten die Erben einer bei einem gynäkologischen Eingriff verstorbenen Patientin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Gericht stellte einen groben Behandlungsfehler fest: Die Behandlung entsprach nicht den medizinischen Standards, da diese mit einer veralteten Operationstechnik durchgeführt wurde, zu welcher auch die Patientin nicht aufgeklärt worden war. Infolge des fehlerhaften Eingriffs entwickelte sich ein Hirnödem, das letztlich zum Multiorganversagen führte.

Neben der operierenden Fachärztin wurde auch die mitwirkende Assistenzärztin in die Haftung genommen. Ihr wurde vorgeworfen, ihrer Remonstrationspflicht nicht nachgekommen zu sein – sie hätte die Operationsmethode kritisch hinterfragen und zumindest fachliche Rückfragen stellen müssen. Die Begründung, dass dies aufgrund der hierarchischen Struktur nicht infrage gekommen sei, ließ das Gericht nicht gelten.


Diese Entscheidung verdeutlicht, dass auch Assistenzärzt:innen bei hierarchisch geprägten Arbeitsweisen persönliche Verantwortung tragen und Handlungen ihrer direkten Vorgesetzten zu hinterfragen haben.

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Suejla Ajradini

Rechtsanwältin