Entzug der vertragsärztlichen Zulassung aufgrund erheblicher Abrechnungsverstöße
26.08.2022

Entzug der vertragsärztlichen Zulassung aufgrund erheblicher Abrechnungsverstöße

Entzug der vertragsärztlichen Zulassung aufgrund erheblicher Abrechnungsverstöße

Zu den Grundpflichten des Vertragsarztes zählt als eine Säule des vertrauensbasierten Vertragsarztsystems die Verpflichtung zur peinlich genauen Leistungsabrechnung. Mit seiner Unterschrift unter der Abrechnungssammelerklärung versichert der Arzt, dass er die in Rechnung gestellten ärztlichen Leistungen als eigene erbracht habe und zu deren Abrechnung berechtigt sei sowie die Voraussetzungen der der Abrechnung zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften eingehalten habe. Werden die Leistungen jedoch entgegen der vertragsarztrechtlichen sowie gebührenrechtlichen Bestimmungen nicht persönlich durch den Arzt erbracht, aber dennoch gegenüber dem jeweiligen Kostenträger unzulässigerweise liquidiert, stellt dies formal einen strafbewährten Abrechnungsbetrug dar. Verstöße gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung können insofern in zulassungsrechtlicher, disziplinarrechtlicher, berufsrechtlicher als auch strafrechtlicher Hinsicht zum Teil erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen und u. a. zu Honorarrückforderungen führen.


So geschehen in einem Verfahren eines Facharztes für Allgemeinmedizin, der zusammen mit seiner Ehefrau eine Berufsausübungsgemeinschaft betrieb. Die Praxis hat über mehrere Quartale hinweg Leistungen nach den GOP 35100 und 35110 EBM in erheblichem Umfang falsch abgerechnet. Es wurde in ca. 70 % der Fälle festgestellt, dass der Leistungsinhalt der verfahrensgegenständlichen Gebührenordnungspositionen nicht vollständig oder überhaupt nicht erbracht wurde. Darüber hinaus verfügte die Vertragsärztin nicht über die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung, sodass diese Leistungen innerhalb der Gemeinschaftspraxis mit der LANR des Ehemannes gekennzeichnet und zur Abrechnung gebracht wurden.


Die Honorarabrechnungen der Praxis waren sowohl Gegenstand mehrerer Plausibilitätsverfahren als auch Wirtschaftlichkeitsprüfungen, welche final zu erheblichen Honorarrückforderungen in Höhe von ca. 190.000 Euro führten. Zudem schloss sich ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren aufgrund des gewerbsmäßigen Abrechnungsbetrugs an. Des Weiteren entzog der Zulassungsausschuss dem Arzt die vertragsärztliche Zulassung unter Berufung auf die grobe Pflichtverletzung aufgrund der festgestellten Abrechnungsverstöße.


Zwar besteht grundsätzlich keine Bindungswirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen aus den Verwaltungs- und/oder Strafverfahren. Ungeachtet dessen steht es dem Zulassungsausschuss jedoch frei, eben jene Tatsachenfeststellungen aus dem Strafverfahren zu übernehmen und sich darüber hinaus bei seiner Entscheidung über den Entzug der vertragsärztlichen Zulassung auch auf die bestandskräftigen Bescheide der Plausibilitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu beziehen. Dies bestätigte das SG München in seinem Urteil vom 24.10.2019 – Az. S 38 KA 240/28.


Für die Praxis bedeutet dies, dass nicht zwingend nur ein strafrechtliches Verfahren, sondern insbesondere der Ausgang von Plausibilitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen Grundlage der Entscheidungsfindung des Zulassungsausschusses hinsichtlich des Entzugs zur Zulassung der vertragsärztlichen Tätigkeit sein kann.


Sollten Sie sich in einer Situation befinden, in der Sie Zweifel an der Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen haben, zögern Sie bitte bei diesem wichtigen Thema nicht, sich an uns zu wenden. Gerne unterstützen wir Sie bei der Beantwortung Ihrer Fragen hierzu.


Ann-Kathrin Pfeifer

Rechtsanwältin