Geschäftsführerhaftung für vorsätzlich zweckwidrige Verwendung des Baugelds
16.11.2018

Geschäftsführerhaftung für vorsätzlich zweckwidrige Verwendung des Baugelds

Geschäftsführerhaftung für vorsätzlich zweckwidrige Verwendung des Baugelds

BGH, Urteil vom 17.05.2018 – VII ZR 92/16

Sachverhalt:

Der Bauherr beauftragt ein Generalunternehmen mit der Errichtung von Windkraftanlagen. Der Generalunternehmer beauftragt die E-GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war, mit dem Bau der Kabeltrassen für die Windkraftanlagen. Die E-GmbH wiederum beauftragt den Kläger mit den für den Bau der Kabeltrassen notwendigen Bohrungen. Die E-GmbH erhielt von dem Generalunternehmer eine Vergütung. Der Kläger stellte nach Beendigung der Arbeiten 2013 seinen Restwerklohn in Rechnung. Über das Vermögen der E-GmbH wurde 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin verklagte den Beklagten persönlich auf Schadenersatz im Umfang des Restwerklohnanspruchs mit der Begründung, der Beklagte habe seine sich aus dem Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen (Bauforderungssicherungsgesetz – BauFordSiG) ergebenden Pflichten zur Verwendung der von dem Generalunternehmer geleisteten Vergütung verletzt.


Entscheidung:

Der BGH hat den Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 BauFordSiG zugesprochen. Die persönliche Haftung des Geschäftsführers kommt in Betracht, wenn er vorsätzlich Baugeld i.S.d. § 1 BauFordSiG zweckwidrig verwendet hat und deshalb eine dem Bauunternehmer zustehende Werklohnforderung nicht erfüllt wird.


Baugeldempfänger

Die E-GmbH ist als mit einem Teil des Baus der Windkraftanlagen beauftragter (Nach-)Unternehmer Empfänger von Baugeld. Die für das Gesetz zur Sicherung von Bauforderungen fehlende gesetzliche Grundlage, (Nach-)Unternehmer, die nur mit einem Teil des Baus beauftragt sind, als Empfänger von Baugeld anzusehen, hat der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauFordSiG geschaffen.


§ 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauFordSiG lautet: „Baugeld sind Geldbeträge, die der Empfänger von einem Dritten für eine im Zusammenhang mit der Herstellung eines Baus oder Umbaus stehende Leistung, die der Empfänger dem Dritten versprochen hat, erhalten hat, wenn an dieser Leistung andere Unternehmen (§ 14 Bürgerliches Gesetzbuch) aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrages beteiligt waren.


Empfänger von Baugeld ist danach jede Person, die für das Versprechen einer Leistung im Zusammenhang mit der Herstellung eines Baus oder Umbaus eine Vergütung erhält und andere Unternehmer aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags an der Erfüllung ihrer Leistungsverpflichtung beteiligt. Es genügt dabei, wenn sich das Versprechen der Leistung nur auf einzelne Teile des Baus oder Umbaus bezieht. In diesem Fall ist der (Nach-)Unternehmer grundsätzlich nach § 1 Abs. 1 S. 1 BauFordSiG verpflichtet, die erhaltene Vergütung zugunsten der von ihm einbezogenen „anderen Unternehmer“ zu verwenden. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, wie viele (Nach-)Unternehmer vor dem Baugeldempfänger in einer Leistungskette tätig waren.


Verletzung der Baugeldverwendungspflicht

Nach dem gerichtlich festgestellten Sachverhalt lagen eine Verletzung der Baugeldverwendungspflicht seitens der E-GmbH und ein vorsätzlicher Verstoß des Beklagten vor. Die E-GmbH hat durch die von dem Generalunternehmer gezahlte Vergütung Baugeld erhalten und die Restwerklohnforderung des Klägers nicht erfüllt. Der Beweis der ordnungsgemäßen Verwendung oblag dem Beklagten, der diesem nicht nachgekommen sei. Der Beklagte habe gewusst, dass die E-GmbH die von dem Generalunternehmer erhaltenen Mittel nicht zur Bezahlung des Klägers verwandte; damit habe er zumindest bedingt vorsätzlich die Baugeldverwendungspflicht verletzt. Ein zu seinen Gunsten wirkender unvermeidbarer Verbotsirrtum, der von einer Haftung freistelle, scheide aus, weil der Beklagte als Geschäftsführer eines mit großen Bauvorhaben betrauten Unternehmens sich nach den für seinen Tätigkeitsbereich einschlägigen Regelungen nicht erkundigte. Der Beklagte hätte bei entsprechender Einholung rechtlichen Rats zumindest erfahren, dass für die von dem Generalsunternehmer gezahlte Vergütung eine Baugeldverwendungspflicht ernsthaft in Betracht kommt.


Praxistipp:

Lässt sich nämlich beweisen, dass der in Insolvenz geratene Auftraggeber Baugeld empfangen und (dennoch) den Vergütungsanspruch des mit einer (Teil-)Leistung beauftragten (Nach-)Unternehmers nicht erfüllt hat, kann es für den insoweit für den Nachweis einer ordnungsgemäßen Verwendung beweisbelasteten Geschäftsführer unter Umständen sehr schwer werden, einer persönlichen Haftung zu entgehen.



HFBP.besser.beraten

Natalie Krampetz

Rechtsanwältin