Freiberufliche Praxen und personenbezogene Unternehmen im Scheidungsverfahren / Zugewinnausgleich

Freiberufliche Praxen und personenbezogene Unternehmen im Scheidungsverfahren / Zugewinnausgleich

Freiberufliche Praxen und personenbezogene Unternehmen im Scheidungsverfahren / Zugewinnausgleich

In der familienrechtlichen Bewertungspraxis, insbesondere im Zugewinnausgleichsverfahren, erfolgt die Wertermittlung einer freiberuflichen Praxis oder eines personenbezogenen Unternehmens regelmäßig nach der vom Bundesgerichtshof favorisierten sog. modifizierten Ertragswertmethode.


Dabei bedeutet Ertragswertmethode, dass der Unternehmenswert als Zukunftserfolgswert ermittelt wird. Dieser Erfolgswert ergibt sich auf Basis der zukünftigen Nettoeinnahmen, die die Anteilseigner aus dem Unternehmen entziehen können, wobei diese Nettoeinnahmen von der Fähigkeit des Unternehmens abhängen, finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften. Die Prognose dieser Überschüsse hat sich nicht nur an Vergangenheitswerten, sondern in erster Linie an zukunftsgerichteten Planungsrechnungen zu orientieren. Zudem sind die prognostizierten finanziellen Überschüsse auf den Stichtag abzuzinsen.


Bei der modifizierten Ertragswertmethode für freiberufliche Praxen und personenbezogene Unternehmen sind darüber hinaus inhaberbezogene Faktoren zu berücksichtigen. Dabei wird der auf den derzeitigen Praxisinhaber bezogene Wert, der auf dessen persönlichem Einsatz beruht und nicht auf einen Übernehmer übertragbar ist, dadurch Rechnung getragen, dass von dem Gehalt für einen entsprechend nicht selbstständig Tätigen auszugehen ist und ggf. vorliegende Besonderheiten wie Leistungsbereitschaft, Arbeitseinsatz, Spezialkenntnisse etc. sowie angemessene soziale Absicherung in Ansatz gebracht werden.


Bedauerlicherweise gibt es keine standardisierten Vorgaben bzw. Bewertungsgrundsätze für dieses Verfahren. Gerichtliche Beweisbeschlüsse, die eine Wertermittlung nach der modifizierten Ertragswertmethode vorsehen, eröffnen einem Sachverständigen die Möglichkeit, Ertragswert, Substanzwert und Geschäftswert zu ermitteln und hier subjektive Kriterien zu ergänzen. Grundlage des Geschäftswerts ist der um einen Unternehmerlohn verminderte durchschnittliche Gewinn der letzten Geschäftsjahre, der über einen begrenzten Zeitraum kapitalisiert wird.


Die Unternehmensbewertung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich nach der modifizierten Ertragswertmethode, die weder klar definiert noch ein eigenständiges Bewertungsverfahren darstellt, ist also für die Beteiligten im Scheidungsverfahren riskant, denn das Ergebnis ist nicht kalkulierbar und ein anderer Sachverständige kann zu einer anderen Bewertung kommen.


Deshalb empfehlen wir Ihnen eindeutige vertragliche Regelungen, spätestens im Vorfeld eines streitigen Zugewinnausgleichsverfahrens zu treffen, besser allerdings vor Eheschließung oder wenigstens vor Beginn der Selbstständigkeit in einer freiberuflichen Praxis oder in einem personenbezogenen Unternehmen.


HFBP besser.beraten.

Gabriele Schulz

Rechtsanwältin