Entziehung der Zulassung aus gesundheitlichen Gründen
27.10.2023

Entziehung der Zulassung aus gesundheitlichen Gründen

Entziehung der Zulassung aus gesundheitlichen Gründen

Das LSG Schleswig-Holstein stellte fest, dass der Entzug einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung aus gesundheitlichen Gründen voraussetzt, dass der Gesundheitszustand der Vertragsärzt:in entweder durch ärztliche Befund- und Behandlungsberichte dokumentiert oder durch ein Gutachten einer vom Zulassungsausschuss bestimmten Ärzt:in über den Gesundheitszustand festgestellt wird. Einschätzungen der ärztlichen Mitglieder des Zulassungsgremiums reichen grundsätzlich nicht aus (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 21.11.2022 – L 4 KA 105/22 B ER).


Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass einem Arzt erstinstanzlich die Zulassung als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung entzogen worden war, nachdem ärztliche Mitglieder des Zulassungsgremiums während einer Verhandlung vor dem Zulassungsgremium (in an dieser Stelle nicht entscheidender anderer Sache) den Eindruck hatten, der Arzt sei an Parkinson erkrankt, was dieser bestätigte. Die ärztlichen Mitglieder schlussfolgerten hieraus u. a., der Arzt sei bereits so schwer an Parkinson erkrankt, dass er den Belastungen einer hausärztlichen Tätigkeit nicht mehr gewachsen und zur Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeignet i.S.v. § 21 Ärzte-ZV sei, da es in mehreren Fällen zu Fehleinschätzungen und Fehlmedikationen gekommen sei. Die ärztlichen Mitglieder des Zulassungsgremiums gaben an, der in der Sitzung erkennbare Erkrankungszustand des Arztes könne aufgrund der Besetzung des Gremiums mit Ärzt:innen ohne die Einholung eines Sachverständigengutachtens eingeschätzt werden.


Eine vertragsärztliche Zulassung ist u. a. zu entziehen, wenn die gesundheitliche Eignung nicht mehr vorliegt, § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V i.V.m. § 21 Ärzte-ZV. Eine neurodegenerative Erkrankung wie Parkinson kann geeignet sein, den Entzug einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu rechtfertigen. Jedoch reicht nicht alleine eine Erkrankung oder dessen Klassifikation als leichter, mittlerer oder schwerer Verlauf aus, um von einer mangelnden Eignung auszugehen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten funktionalen Folgen einer im Einzelfall bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung für die Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit. Hierfür mag die Einschätzung der ärztlichen Mitglieder des Zulassungsgremiums ein Indiz sein. Es fehlt jedoch mangels entsprechender Dokumentation und eingeholter Befunde an der notwendigen Belastbarkeit. Es kommt auf ein Gutachten einer vom Zulassungsausschuss bestimmten Ärzt:in über den Gesundheitszustand der betroffenen Person an. In Fällen, in denen keine anderweitigen medizinischen Unterlagen über den Gesundheitszustand der betroffenen Ärzt:in vorliegen, hat das Zulassungsgremium vor der Entscheidung über den Entzug der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ein solches Gutachten einzuholen. Die Einschätzung der ärztlichen Mitglieder des Zulassungsgremiums reicht für eine solche Entscheidung nicht aus. Bloße Verdachtsmomente genügen nicht.


Die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung aus gesundheitlichen Gründen kann mithin nicht ad hoc entschieden werden, sondern bedarf eines umfassenden Gutachtens oder aussagekräftiger Befundberichte. Ein „plötzlicher“ Zulassungsentzug bei Auftreten von möglicherweise die Berufsausübung beeinträchtigenden Krankheiten droht daher nicht. 

Anika Isernhagen

Rechtsanwältin