Plastische Chirurgie erfreut sich wachsender Beliebtheit und dies weltweit. Jährlich steigt die Zahl der medizinisch nicht indizierten Eingriffe, vereinfacht „Schönheitseingriffe“, sowohl in Deutschland als auch weltweit an und erreichte nach letzten statistischen Erhebungen ein neues Allzeithoch. Der Markt ist entsprechend ein lukrativer und unterliegt dauerhaftem Wachstum. Um sich auf diesem Markt wie auch auf allen anderen Märkten gut zu positionieren, ist gutes Marketing insbesondere im Internet dieser Tage ein nahezu unerlässlicher Bestandteil. Und was wäre besser geeignet, Kunden anzulocken, als Bilder der eigenen Arbeit, gerade wenn es um die Frage von Schönheitsidealen geht?
Hier setzen zahlreiche Gerichtsentscheidungen an, denn gerne greifen Anbieter im Rahmen ihrer Werbemaßnahmen auf das Vorher-Nachher-Bild zurück. Allerdings: Das ist so nicht erlaubt, wie eine noch recht junge Entscheidung erneut bestätigt hat.
Im konkreten Fall war die Unterspritzung der Haut mit Hyaluronsäure gegenständlich. Die beklagte Gesellschaft, eine Praxis, warb mit Vorher-Nachher-Bildern des Eingriffs für sich, ein Wettbewerbsverband ging hiergegen vor. Grundlage für das Vorgehen war § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG (Heilmittelwerbegesetz). Danach darf außerhalb von Fachkreisen, also insbesondere potenziellen Patienten gegenüber, im Rahmen von operativen plastisch-chirurgischen Eingriffen nicht mit der Wirkung der Behandlung durch vergleichende Wirkung des Körperzustandes oder Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden. Das LG Köln gab dem Wettbewerbsverband Recht und sah die betreffende Norm erfüllt. Die betroffenen Ärzte gingen gegen das Urteil in Berufung. Sie verwiesen neben formellen Aspekten insbesondere auf die wenig invasive Behandlung, die nur sehr geringen Risiken unterliege und letztlich nur eine vorübergehende Behandlung sei, die dazu dient, mittels eines körpereigenen Stoffes eine lokale Feuchtigkeitserhöhung und infolgedessen ein jüngeres Hautbild zu erzielen. Sie stellten damit konkret in Frage, ob es sich überhaupt um einen „operativen“ plastisch-chirurgischen Eingriff gehandelt habe, die Voraussetzungen von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG also erfüllt seien.
Die Berufung wurde vom OLG Köln jedoch abgewiesen (Urteil des OLG Köln vom 27.10.2023, Az. 6 U 77/23). Hierbei stellte das OLG Köln fest, dass der Begriff des „operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs“ nicht legaldefiniert ist und daher auszulegen ist. Obwohl es sich beim in Frage stehenden Eingriff nicht um einen „klassischen operativen Eingriff“, etwa unter Nutzung eines Skalpells handele und auch die Gesetzesbegründung eher klassische Eingriffe als Grund für die Regelung nenne, sei es wegen des Schutzzwecks des Werbeverbots des HWG dennoch richtig, auch die Unterspritzung der Haut mit Hyaluronsäure als solchen Eingriff zu betrachten. Ein operativer Eingriff sei bereits dann anzunehmen, „wenn ein instrumenteller Eingriff am oder im Körper des Menschen erfolgt, mit dem Form- und Gestaltveränderungen an den Organen oder der Körperoberfläche vorgenommen werden“ (Rn. 28 des Urteils). Der Begriff des operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs sei daher weit auszulegen.
Besonders maßgeblich war jedoch insbesondere der Schutzzweck: Niemandem soll ohne medizinische Notwendigkeit ein Anreiz zu einem mit gesundheitlichen Risiken versehenen Eingriff gegeben werden. Dieser Grundsatz ist und bleibt somit maßgeblich.
Da das OLG Köln eine Revision gegen die Entscheidung nicht zuließ, erhoben die Ärzte vor dem BGH eine Nichtzulassungsbeschwerde, welche dieser jedoch mit Beschluss vom 29.05.2024 zurückwies.
Es bleibt festzuhalten, dass vergleichende Abbildungen im plastisch-chirurgischen Bereich hochproblematisch sind und auch weiterhin die Gerichte beschäftigen werden. Aktuell wurde beispielhaft auch eine Darstellung von Lippenunterspritzungen anhand eines Avatars vor dem OLG Koblenz verhandelt und untersagt. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch den BGH zwischenzeitlich zurückgewiesen.
Wer entsprechend wirbt begibt sich damit in höchst unsichere Gewässer, von entsprechender Werbung ist derzeit grundlegend abzuraten.
Sollten Sie aufgrund Ihres Werbeauftritts mal eine Abmahnung erhalten, ist die schnelle Einholung von Rechtsrat die beste Vorgehensweise. Denn anders als in diesem Fall ist nicht jede Abmahnung auch berechtigt. Gerne helfen wir Ihnen hierbei weiter.