Jeder kennt und nutzt die Vielfalt von Emojis, aber keineswegs ist immer so klar, was sie eigentlich bedeuten oder wie sie vom Empfänger verstanden werden. Schon in privaten Chat-Gesprächen kommt es durch die zahlreiche Verwendung von Emojis zu dem ein oder anderen Missverständnis. Aber wie wirken sich die kleinen lustigen Zeichen im Rechtsverkehr aus? Sind diese nur eine harmlose Spielerei oder können sie rechtserhebliche Äußerungen darstellen?
Seit einigen Jahren tauchen Emojis jedenfalls in deutschen Gerichtsentscheidungen auf. Beispielweise hatte das AG Kiel (Urt. v. 18.04.2013 – 5 Ca 80 b/13) zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Berichtigung des Arbeitszeugnisses hatte, weil die Unterschrift einen Smiley mit heruntergezogenem Mundwinkel enthielt. Das LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 22.06.2016 – 4 Sa 5/16) hatte in einem Kündigungsschutzprozess zu entscheiden, ob die auf Facebook erfolgte Bezeichnung des Vorgesetzten als „fettes Schwein“ – das Schwein war als süßes rosa Emoji dargestellt – ein Kündigungsgrund darstelle. Das VG Aachen (Beschl. v. 26.08.2021 – 1 L 480/21) fand das Posten eines Fotos einer Fahrverbotsverfügung mit dem Titel "Da is` das Ding" nebst zwei Lachsmileys und einem "Mittelfinger-Emoji" gar nicht witzig und sah den daraufhin ergangenen Widerruf der Einstellungszusage der Polizeibehörde wegen fehlender Polizeidiensttauglichkeit als rechtmäßig an. Der BGH (Beschl. v. 31.07.2018 – StB 4/18) sah in der Zusendung von Heiterkeit ausdrückenden Emojis ein Bestärken des Haupttäters und verurteilte infolgedessen wegen der Teilnahme an einer Straftat.
Egal in welchem Rechtsgebiet, eines der Kernprobleme ist die Interpretation der Aussagen, die hinter den jeweiligen Emojis stehen. Emoji oder auch Emoticons (zusammengesetzt aus emotion engl. für „Gefühl“ und icon „Bild“) sind kleine, bunte Symbole, die üblicherweise in Kurznachrichten verwendet werden, um Gefühlen und Stimmungszuständen Ausdruck zu verleihen. Angesichts der Vielzahl an unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten dieser bildhaften Kommunikation ist eine verbindliche Kategorisierung und Bewertung der einzelnen Symbole nahezu unmöglich. Grundsätzlich müssen Emojis – wie jede Form der Kommunikation – nach denjenigen Regeln des Rechtsgebiets ausgelegt werden, in dessen Kontext ihre Bedeutung zu bestimmen ist. Dabei müssen die Gesamtumstände des Einzelfalls Berücksichtigung finden.
Zuletzt setzten sich auch einige zivilrechtliche Verfahren mit der Bedeutung von Emojis auseinander (vgl. u.a. OLG Köln, Beschl. v. 11.03.2021 – 15 W 12/21; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 30.06.2022 – 16 U 229/20). Dies liegt vor allem daran, dass sie auch bei privatrechtlichen Rechtsgeschäften (zunehmend) Verwendung finden. Reicht folglich die Zusendung eines hochgereckten Daumens (thumbs up) aus, damit ein wirksamer Vertragsschluss zustande kommt? Ein Vertrag kommt üblicherweise durch zwei inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Diese Willenserklärungen müssen auf die Erzielung einer Rechtsfolge gerichtet sein; folglich einen Rechtsbildungswillen haben. Es stellt sich also die Frage, ob und welcher rechtlich verbindliche Wille ausgedrückt oder ob lediglich eine bestimmte Stimmungs- und Gefühlslage des Verwenders beschrieben wird.
Bei zweiseitigen Rechtsgeschäften – klassischerweise dem Kaufvertrag – ist maßgeblich der durch Auslegung zu ermittelnde Erklärungsinhalt und damit die Frage, wie ein objektiv verständiger Empfänger die Äußerung in der konkreten Situation verstehen konnte, vgl. §§ 133, 157 BGB. Neben dem ausdrücklichen Wortlaut sind dafür die Gesamtumstände heranzuziehen. Besondere Auslegungsschwierigkeiten können sich jedoch bei Ironie bzw. Sarkasmus ergeben, wenn beispielweise mithilfe zwinkernder Smileys versucht wird, vorausgehende kritische Äußerungen wieder zu relativieren. Hinzu kommt der ironische Grundklang der Emojis, sodass sich ebenfalls die Frage stellt, ob der Empfängerkreis den bunten Symbolbildern nicht generell eine geringere Aussagekraft beimisst als herkömmlichen Textbeiträgen. Insoweit dürfte es auf den Einzelfall ankommen. Allein die Generationen bewerten die generelle Aussagekraft unterschiedlich.
Folglich gibt es keine allgemeinverbindliche Bedeutung von Emojis im Recht. Der ggf. dahinterstehende Erklärungsgehalt sollte jedoch keinesfalls verkannt werden.