Das zahnärztliche MVZ – Der Segensbringer?
05.04.2024

Das zahnärztliche MVZ – Der Segensbringer?

Das zahnärztliche MVZ – Der Segensbringer?

Seit 2015 ist die Gründung eines fachgleichen medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) möglich. Immer wieder wird die neue Kooperationsform vielerorts gefeiert und vermeintliche Vorteile werden über den grünen Klee gelobt. Dieser Beitrag geht auf das Für und Wider dieser Kooperationsform ein.

 

Was ist unter dem Begriff „MVZ“ genau zu verstehen?

 

Der Gesetzgeber hat die Option zur Gründung von MVZ im Jahre 2004 in das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) aufgenommen. Ziel war die Ermöglichung strukturierter Zusammenarbeit mehrerer ärztlicher Fachgebiete zur Erreichung einer patientenorientierten Versorgung aus einer Hand.

 

Bis zum Sommer des Jahres 2015 blieb das Erfordernis einer „fachübergreifenden Einrichtung“ bestehen. Seit Juli 2015 steht nunmehr ein fachgleiches zahnärztliches MVZ (im Folgenden: ZMVZ) im Einklang mit § 95 SGB V. Weiterhin müssen allerdings mindestens zwei Zahnärzte in einem MVZ tätig sein.

 

Das ZMVZ erhält mit seiner Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung durch den Zulassungsausschuss bei der KZV eine eigene Zulassung, ist also vertragszahnärztlicher Leistungserbringer. Zwingend erforderlich ist, dass für jedes ZMVZ ein zahnärztlicher Leiter benannt wird, der die medizinisch‑fachliche Leitung übernimmt, die Abrechnung des ZMVZ unterschreibt und für deren Ordnungsmäßigkeit verantwortlich ist. Auch obliegt ihm die Verantwortung dafür, dass alle übrigen im ZMVZ tätigen Zahnärzte die vertragsärztlichen Vorgaben einhalten. Der zahnärztliche Leiter muss selbst im ZMVZ tätig werden und dafür Sorge tragen, dass alle zahnärztlichen Entscheidungen unabhängig von sachfremden oder merkantilen Überlegungen getroffen werden. Nicht zu seinen Aufgaben gehört die rechtliche Leitung des ZMVZ.

 

Welche Rechtsformen sind für ein ZMVZ möglich?

 

Die weitverbreitete Annahme, dass ein ZMVZ verpflichtend in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geführt werden muss, geht fehl. Jedes ZMVZ kann als BGB-Gesellschaft (GbR), Partnerschaftsgesellschaft, GmbH, Genossenschaft oder als öffentlich-rechtliche Rechtsform geführt werden. Als gängigste Rechtsform können dennoch die GbR und die GmbH angesehen werden.

 

Die ZMVZ-GbR unterscheidet sich von der ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) nur im Hinblick auf den Zulassungsstatus. Ist in einer BAG noch jeder Zahnarzt selbst zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen, hält bei der ZMVZ-GbR die Gesellschaft die Zulassung inne. Zur Gründung einer ZMVZ-GbR sind mindestens zwei Gesellschafter erforderlich, die sich zusammenschließen.

 

Zur Gründung einer ZMVZ-GmbH ist dagegen bereits eine Person ausreichend. Auch hier wird das ZMVZ zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Tätig werden müssen jedoch in der Rechtsform der GmbH ebenso mindestens zwei Zahnärzte. Diese Zahnärzte sind für gewöhnlich angestellt, Besonderheiten gibt es in dem Fall, dass der alleinige Gründer des ZMVZ auch dort arbeiten soll. In der ZMVZ-GmbH kann unabhängig von der Ausübung der Heilkunde die Geschäftsführung auch von einem Nicht-Zahnarzt übernommen werden, der bei Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten dann persönlich haftet. Bei dieser Rechtsform besteht also der Vorteil, dass man sich der manchmal leidlichen administrativen Aufgaben entledigen und die Haftung auf den Geschäftsführer überleiten kann.

 

Der Gründungsaufwand ist bei einer GmbH im Vergleich zu GbR ungleich höher. Grund dafür ist, dass der GmbH-Vertrag notariell beurkundet werden muss. Die Gesellschaft muss außerdem bereits bei Gründung über ein Stammkapital von 25.000,00 € verfügen. Außerdem ist es erforderlich, dass die Gründer der GmbH bei Gründung der KZV eine Bürgschaft überlassen, die letztere Hinblick auf Honorarregresse absichert. Andernfalls liefe die KZV Gefahr, dass bei Aufbrauchen des Stammkapitals mögliche Forderungen wegen der beschränkten Haftung der Gesellschaft dann nicht mehr erfüllt werden könnten.

 

Nicht nur gegenüber der KZV läuft die Hoffnung auf eine echte beschränkte Haftung der Gesellschafter der GmbH ins Leere: Auch Banken und Vermieter verlangen üblicherweise von den Gesellschaftern die Verpflichtung zur Haftung mit dem persönlichen Vermögen.

 

Wer kann ein ZMVZ gründen?

 

Ein ZMVZ kann nur von einem im SGB V festgelegten Numerus Clausus von Personen und Institutionen gegründet werden. So kommen zugelassene Vertragsärzte und -zahnärzte, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Abs. 3 SGB V, Gemeinnützige Träger, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen oder Kommunen als Gründer in Frage. Dies verschafft den Vorteil, dass sich an der (Zahn-)Arztpraxis auch Nicht-(Zahn-)Ärzte beteiligen dürfen. Tätig werden müssen die Gründer nicht. Gründer- und Tätigkeitsebene sind also getrennt voneinander zu betrachten.

 

In der „normalen“ zahnärztlichen Einzelpraxis darf jeder zugelassene Zahnarzt drei in Vollzeit oder sechs in Teilzeit angestellte Zahnärzte beschäftigen. In einer BAG dürfen auf jeden Gesellschafter drei Vollzeit-Angestellte fallen. Diese Beschränkung der Anstellung von Zahnärzten fällt im ZMVZ vollends weg. Jedes ZMVZ, unabhängig von der Rechtsform, darf so viele Zahnärzte anstellen, wie es möchte.

 

Auch die Beschränkung der Anzahl von Filialen fällt im ZMVZ weg. Hier gibt es zu beachten, dass die Gründung einer Filiale nur dann in Frage kommt, wenn die Versorgung der Versicherten am Filialort verbessert wird. Hier empfiehlt sich stets eine Rücksprache mit der KZV.

 

Als Vorteil des ZMVZ sei an dieser Stelle weiterhin erwähnt, dass man selbst als Zahnarzt eine Praxis betreiben kann, ohne in dieser tätig zu sein. Indem man ein ZMVZ gründet, es aber durch Angestellte Zahnärzte (GmbH) oder durch Kollegen, die gleichzeitig Gesellschafter sind (GbR), betreiben lässt, erhält man die Chance, an mehreren Standorten Praxen zu gründen und an diesen beteiligt zu sein, ohne zu dortigen Tätigkeit verpflichtet zu sein. Aus rechtlicher Sicht bleibt es einer Einzelfallprüfung vorbehalten, ob die Gründung eines ZMVZ als sinnhaft angesehen werden kann. Eine pauschale Bekennung zum ZMVZ als Heilsbringer schließt die Autorin für sich aus.


Dr. Mareike Bechtler

Rechtsanwältin